Unglaublich aber wahr, das Segeln ist schon 2,5 Monate her!
Es wird also echt Zeit, dass ich euch wieder auf den neusten Stand der Dinge bringe...
Nach dem Segeln musste ich endlich mal wieder Zivilisation schnuppern und Menschen um mich herum haben. Das ging auch Ratzfatz. Nach einem kleinen Erkundungsspaziergang durch das “Städtchen” einfach die neue Zimmergenossin im Hostel in Airlie Beach geschnappt und auf die Piste gegangen;) Der Abend war super...alte Bekannte getroffen, Bierchen getrunken und viel getranzt! Den nächsten Tag hab ich dem Komunikationsmedium Internet gewidmet, auf das ich 3 Wochen lang verzichtet habe. Also Kekse, Chupachup und literweise Wasser im überteuerten Tante-Emma-Laden eingekauft, 24 Stunden freies Wifi besorgt und mich in mein klimatisiertes Hostelzimmer aufs Bett verkrochen und den ganzen Tag nicht von der Stelle bewegt. Endlich konnte ich wieder mal mit der Familie skypen, E-mails beantworten und Greyhound buchen.
Am nächsten Tag gings auch schon weiter nach Townsville, so toll war Airlie Beach als Stadt jetzt auch nicht.
Am Abend gings mit den supernetten Leuten aus dem Hostel auf Kneipentour. Es ist so klasse als Mädl in Australien, man gibt nie viel Geld beim Weggehen aus, weil es da irgendwie üblich ist, dass die Jungs einem immer die Drinks spendieren...da sag ich natürlich nicht nein :D
Dafür hieß es dann am nächsten Morgen Kater ausschlafen und danach auf Arbeitssuche gehen, doch leider gabs in Townsville nicht das richtige für mich und somit hab ich im Working-Hostel in Ayr angerufen, weil ich gehört habe, dass da die Mangosaison bald anfängt. Super, Bett frei...morgen bin ich da!
| Aussicht vom Kissingpoint |
Um noch ein wenig mehr von Townsville zu Gesicht zu bekommen, bin ich am Strand entlang zum “Kissingpoint” gelaufen. Mein Gott, sind die Menschen hier sportlich, die ganze Promenade war voll von Joggern, Inlineskatern, Walkern und im Wasser Surfschüler und Ruderer...ich hab mich voll schlecht gefühlt. Aber der Aussichtspunkt war superschön und als die Sonne langsam untergegangen ist hatte ich einen tollen Blick auf den Rock Hill, einen Monolit, der mitten aus der Stadt ragt, und auf der anderen Seite auf Magnatic Island. Am folgenden Morgen habe ich Katja ein Pancakefrühstück zum Abschied gemacht, weil die Arme musste schon wieder zur Arbeit. Nachmittags hab ich mich noch in den wundersschönen Park an der Marina gesetzt, dem Springbrunnen beim plätschern zugeschaut und auf meinen Bus nach Ayr gewartet. Ayr liegt eine Stunde südlich von Townsville entfernt. Ich bin also schonmal durch gefahren, als ich nach Townsville kam, denn eigentlich bin ich ja Richtung Norden unterwegs.
In Ayr angekommen hat mich erstmal der Schlag getroffen – was ein Kaff!
Im Ayr Backpackers, dem Hostel, hat mich Daphne, die nette Freu an der Rezeption, mit den zigtausend Regeln des Hauses vertraut gemacht und mir gesagt, dass die Mangosaison in 2-3 Wochen anfängt, dass ich aber auf jedenfall schon davor Arbeit bekomme. Naja, eigentlich wollte ich nur 2-3 Wochen bleiben, aber wenn ich anstatt Mangos irgendwas anderes machen kann is das ja auch okey.
Die Leute waren mir gleich recht sympatisch und das Haus ist...nun ja, typisch Working-Hostel halt;) Die uralten Stockbetten stehen Kante an Kante, die “Zimmer” sind ohne Türen alle miteinander verbunden und die Duschen, bzw. Klos sehen nicht gerade einladend aus. Mein Bett steht auf der Veranda, die mit einem Holzverschlag überdacht wurde, und besitzt eine Matratze, die in der Mitte eine rießen Kuhle hat, damit man auch schön den Lattenrost drunter spührt. Alles etwas gewöhnungsbedürftig, aber in Ordnung...der große Außenbereich, mit großem Tisch, Basketballkorb, Volleyballnetz und Poolarea geben Pluspunkte;)
Am Wochenende hatte ich auch gleich einen Job zum Chillipfücken bei einem Mann, der das ganze nur nebenberuflich macht und normalerweise Bänker ist. Er hat ein paar Chillibäumchen im Garten (also wie in Deutschland darf man sich “Garten” aber nicht vorstellen, das Grundstück ist schon recht groß, nur nichts im Vergleich zu anderen Farmern) und lässt sie von ein paar Mädels am Wochenende pflücken. Das ist zwar ganz nett, um die Wochenmiete wieder reinzubekommen, aber reich wird man davon nicht, vor allem, weil man nicht stündlich, sondern per Gewicht bezahlt wird. Nach diesem Wochenendjob war leider erstmal Ende Gelände mit den Jobs und deshalb bin ich 1,5 Wochen nur dumm im Hostel rumgesessen und hab mich gelangweilt. In Ayr gibt es halt auch rein gar nichts zu unternehmen und deshalb haben ich und ein paar andere Wartenden sogar schon angefangen Pokemon auf dem Computer zu zocken...so weit ist es schon gekommen;) Einmal hab ich noch auf einer Farm Mais geschält, das war vielleicht easy...die haben uns die Maiskolben sogar unter einen Baum in den Schatten geschüttet und haben Sonnencreme und Trinken bereitgestellt. Voll cool, aber leider nur für einen Tag.
An den Sonntagen haben die meisten frei und deshalb geht an den Samstagen im Hostel so richtig der Punk ab, d.h. es wird der Goon-Kühlschrank geplündert und die Öttingerdosen (tatsächlich das “beste” Bier, das man in Australien bekommt!) ausgepackt. Bis um 10 Uhr sitzen wir gemütlich im Hostel, danach geht die ganze Kolonne ins Kalamia, der Stammkneipe, und wer dann noch fit ist tanzt sich im Queens die Füße wund;) Am nächsten Tag gibts dann, nach dem Katerfrühstück, immer die besten Geschichten vom letzten Abend zu hören, die behalt ich aber lieber für mich;)...nein, nicht was ihr denkt....SCHLIMMER! :DD
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| auf dem Weg ins Kalamia |
Die zwei Wochen waren schon längst vergangen, doch die Mangos waren noch lange nicht reif!
Irgendwann hatte ich endlich meinen ersten festen Chillijob, bei Ross' Farm, aber leider wieder nur per Kilo bezahlt. Die Farm ist im Hostel für ihre “Killer-eggplants” bekannt, d.h. die meisten, die dort mal Auberginenplücken ausprobiert haben haben nach 3 Stunden wieder gekündigt, weil es zu hart war. Die Jungs müssen dort hinter einem Fließband herrennen, das an einem Traktor befestigt ist und die Früchte auf das Band schmeißen, während der Supervisor auf den Traktor nicht gerade langsam fährt und die Arbeiter antreibt. Zu allem Übel haben Auberginenpflanzen auch noch so komischen Staub, der schnell in Augen und Nase gelangt, außerdem wachsen sie ziemlich niedrig und man hat durch das Tempo keine Zeit sich aufzurichten...10 Stunden lang! “Killer-eggplant” ist also der absolut richtige Ausdruck. Dadurch, dass die Chillimädels per Kilo bezahlt werden, gibt es keinen, der einen antreibt, man wird einfach am Morgen an einem Feld abgeladen und am Abend wieder eingesammel. Die Felder werden allerdings nicht wirklich gepflegt, weshalb überall Diesteln und Dornenbüsche wachsen, die einem die ganzen Arme und Hände zerkratzen...aber das ist dem Farmer so was von egal. Auch, dass es für die Mittagspause keinen einzigen Schattenplatz gibt oder dass, fals dich ne Schlange erwischt oder sonst was passiert, kein Schwein in der Nähe ist. Das interessiert da niemanden, die Arbeiter werden eher als Tiere oder Sklaven gesehen. Das Landleben ist hier schon echt ruppig und hart, aber Ross ist auch relativ extrem.
Obwohl ich mich echt angestrengt hab und im Vergleich zu manch anderen relativ gut war hab ich nur an die $90 am Tag verdienen können...das ist nix, es werden ja auch noch Steuern und Transport ($8/Tag) abgezogen! Nach 2 Tagen hab ich gesagt ihr könnt mich mal und hab gekündigt. Mick (Hostelbesitzer) und Daphne (seine Frau) waren nicht sehr begeistert und haben mich so hingestellt als hätte ich mich nur nicht genug angestrengt. Sie haben gesagt, dass ich so schnell keinen Job mehr bekomme, weshalb ich mich schon fast entschieden habe von Ayr abzuhauen, als ich zwei Tage später einen weitern Chillijob hatte, diesmal stündlich bezahlt...yesss!
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| Chillis |
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| Mittagspause im Shed |
Bei Sibby, meinem neuen Farmer, war die Arbeit auch um einiges enspannter und ich mochte meinen Job sogar richtig. Dort habe ich den ganzen Tag auf dem Feld gehockt, Musik gehört und über alles mögliche Nachdenken können...meine persönlichen Meditationsstunden, wie ich die Arbeit dort immer nenne:) Okey, ganz so chillig wars auch nicht, der Rücken schmerzt einem jeden Abend und die Hitze ist fast unerträglich, aber wir wurden in der Lunchpause immer ins Shed (dort werden die Chillis und Eggplants verpackt) gefahren, wo man sein gekühltes Wasser und Brotzeit im Kühlschrank hat...ganz anders als bei Ross. Der Farmer hat ebenfalls Eggplants, die allerdings auch humaner zum plücken sind, da sie ohne Fließbandtraktor, sondern mit Körben geerntet werden. Obwohl mich Sibby manchmal Nachmittags im kühlen Shed arbeiten lassen hat, um die Chillis in Kartons zu verpacken, wollte ich immer lieber wieder aufs Feld zurück:)Nach zwei Wochen, die ich dort gearbeitet habe, war die Saison allerdings auch schon wieder zu Ende...doch kein Grund zur Sorge...die MANGOS sind ENDLICH reif!!!!
Leider waren wir Packer mit 25 Bins pro Stunde einfach zu gut^^ und deshalb hatten wir anfangs immer nur wenig Arbeit im Shed. Alf, unser Supervisor hat sich dann entschieden lieber weniger Arbeiter zu nehmen und dafür länger zu Arbeiten...also hat er die Hälfte des Sheds wieder gekündigt, darunter meine Wenigkeit. Allerdings hat er versprochen uns zurück zu nehem, sobald es wieder genug Arbeit gibt.
| Das Papaladoshed |
Pustekuchen, hat er nicht! War mir dann aber auch egal, denn ich hatte inzwischen einen Shedjob bei Corrik, der zweitgrößten Farm in Ayr. Mein erster Tag dort war der Horror...die Maschine ist ungefähr die Gleiche, aber die Arbeiter sind von jeglichem Tageslicht bzw. Frischluft abgeschottet, weil das Shed so dunkel und eng ist. Als ich das erste mal in den verranzten Schuppen reingegangen bin hat mich der Gestank von vergammelten Mangos fast umgehauen und ich wollte nur noch raus! Aber hilf ja nix, das Geld wächst leider nicht an den Bäumen;) Die Supervisorin ist die Tochter vom Besitzer und ungefähr so alt wie ich, was nicht heißt, das sie ein liebes nettes Mädchen ist...nein, das ist sie wirklich nicht! Viel eher hat sie es wie kein Zweiter drauf, ihre Arbeiter psychisch fertig zu machen und wegen jeder Kleinigkeit zu feuern...blöde Ziege echt! Das schlimme an der Arbeit ist, dass wirklich jeder, und ich meine JEDER Handgriff genau unter die Lupe genommen und kontrolliert wird...und das gut und gerne mal 10-14 Stunden am Tag, das sind nämlich unsere gewöhnlichen Arbeitszeiten. Auf jedenfall wird jede Kiste, die du packst und mit deiner Nummer versehen musst, akribisch nach irgendwelchen Fehlern, wie einer Softnose oder einer zu großen dunklen Stelle auf einer Mangoschale, durchsucht. Die stellen dafür extra Leute ein, die die Arbeiter kontrollieren und dann zusammenscheißen, wenn mal was nicht ganz stimmt. Ich hab immer abwechselnd ein Set (von Pause zu Pause) gepackt und ein Set gegradet. Irgendwann war ich so gut und schnell im Packen, dass ich es mir sogar erlauben konnte, meine Gedanken abschweifen zu lassen, ohne zu viele Fehler zu machen, weshalb ich viel lieber packe. Graden erfordert dafür viel mehr Konzentration, weil man innerhalb von Millisekunden entscheiden muss, in welche Klasse die Mango kommt, die Softnoses muss man am Besten alle aussortieren und durch sogenannte Shoots in den Juce schmeißen und dabei muss man auch noch aufpassen, dass es einem nicht schwindelig wird von den tausenden Mangos, die an einem vorbeifahren. Die Handbewegungen sind dabei so schnell, dass man sie kaum noch sehen kann...oke, das ist vielleicht etwas übertrieben, aber es ist echt sauschnell;) Wenn du ne Mango in ne flasche Klasse einsortierst kommt Dave, ein hagerer Hanswurst, der zum ersten Mal in seinem Leben was zu sagen hat und das voll auskostet, und macht dich zur Sau. Den Rest vom Tag darf man sich dann keinen Fehler mehr erlauben, sonst ist man am nächsten Tag arbeitslos. Die Supervisor haben allerdings nicht genug Eier in der Hose dich persönlich zu Feuern, sondern du siehst dann nur, wie dein Name an der Tafel in der Hostelrezeption durchgestrichen ist. Ohhh Mann, ich reg mich schon wieder viel zu sehr auf...easy goin' oder wie war das? Dieser Livestyle wird bie Corrik's Farm jedenfalls nicht vertreten! Nun gut, ich war eine der “Glücklichen”, die bis zum Ende durchgehalten haben und bin echt froh, dass ich das hinter mir habe.
Wie ihr seht kann Farmarbeit recht gechillt und angenehm sein, aber auch der absolute Alptraum. Inzwischen warte ich auf einen neuen Job, da ich mich nach langem Überlegen dazu entschlossen habe, über Weihnachten doch hier zu bleiben, und mit meiner “Ersatzfamilie” im Hostel zu feiern:) Ich bin jetzt schon mehr als zwei Monate hier und mit der Zeit hab ich mich an das Hostel so sehr gewohnt, dass ich sogar ein wenig traurig sein werde, wenn ich am 26.12 nach Melbourne fliege. Ich freue mich schon unglaublich auf die Stadt und dass es endlich, mit gefüllter Reisekasse, wieder weitergeht. Bis dahin werde ich vielleicht noch etwas Schrimms auspuhlen oder so...ich bin mal gespannt was mein nächster Job ist!
Cheers
Lena





